Was Windpferd bedeutet

Die Bedeutung von Windpferd

Gebetsfahnen
© Ilona Wille, Canada

Viele von uns kennen die bunten Gebetsfahnen, die an Schnüren in Freien aufgehängt werden und dort im Wind flattern. In den vom Buddhismus geprägten Ländern des Himalaya, vor allem Tibet, Nepal, Ladakh und Bhutan, sind sie überall anzutreffen. Ihr Ursprung liegt im Schamanismus Zentralasiens, in der Mongolei und bei der Bön-Lehre in Tibet, die dem Buddhismus vorausging. Sie werden als „Windpferd“ bezeichnet, was der wörtlichen Übersetzung von lung-ta entspricht. In der Regel werden die alten ausgebleichten und ausgefransten Fahnen zu Beginn des neuen Jahres gegen neue ausgetauscht. Die Fahnen sind mit Gebeten bedruckt, die sich durch die Bewegung der Luft in alle Richtungen verbreiten können.

Auf den Fahnen befindet sich das Windpferd im Zentrum, während die vier allegorischen Tiere in den vier Himmelsrichtungen angeordnet sind. Diese sind: Garuda, Drache, Tiger und Schneelöwe. Die unterschiedlichen Farben stehen in Bezug zu den vier Elementen, wobei das zentrale Windpferd den Raum repräsentiert.

Das Windpferd ist das Symbol für eine aus sich selbst heraus existierende Energie. Der Aspekt WIND (lung) besagt, dass die grundlegende Energie der Seele oder des Geistes sehr stark ist und große Strahlkraft besitzt. Der Aspekt, dass man die grundlegende Energie auch wachrufen und „reiten“ kann, wird als PFERD (ta) bezeichnet.

Die persönliche Erfahrung dieses Windes vermittelt das Gefühl, vollkommen und kraftvoll in der Gegenwart zu leben. Der zweite Teil des Wortes, ta = Pferd, bedeutet, sich mitten in diesem Wind stabilisiert zu fühlen. Die Wirrnis des Lebens kann einem nichts anhaben, Hochstimmung oder Niedergeschlagenheit lenken nicht ab, du reitest auf der Energie deines Lebens. Windpferd ist also nicht bloß Bewegung und Schnelligkeit, sondern auch Urteilskraft und Können, ein Gespür für die angemessene Methode. Dieser Aspekt von lungta lässt sich mit den vier Beinen eines Pferdes vergleichen, die ihm Stabilität verleihen.

In diesem Wind der Energie und Freude spürst du, wie sich eine natürliche Kraft und ein Gefühl des Getragenwerdens einstellen. Was auch immer dir in diesem Geisteszustand begegnet, dein Geist ist in jedem Augenblick präsent, frisch und unverfälscht. Du kannst ganz authentisch im Hier und Jetzt sein. Du entfesselst diesen Wind und beherrschst ihn, auch wenn es ein Wirbelsturm wird, und reitest auf der Energie des Lebens.

(Quelle: Chögyam Trungpa, Shambhala – Der Weg des Kriegers)